[Olpcaustria] Fwd: Chaos Computer Club hackt Hamburger Wahlstift

Aaron Kaplan aaron at lo-res.org
Thu Oct 25 22:09:10 CEST 2007



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> From: Sebastian Andres <sebastian at sebastianandres.de>
> Date: October 25, 2007 9:55:29 PM GMT+02:00
> To: sebastian at sebastianandres.de
> Subject: Chaos Computer Club hackt Hamburger Wahlstift
>
> Hi,
>
> Schaut euch das mal an! wo ist unsere Demokratie geblieben? Es geht
> berg ab!
>
> Sebastian
>
>
>
>
> Chaos Computer Club hackt Hamburger Wahlstift
>
> Am 24. Februar 2008 soll in Hamburg mit dem neuen "Digitalen
> Wahlstift" gewählt werden. Durch eine grundlegende Änderung des
> Wahlrechts wird unter anderem ein Computer-Wahlverfahren eingeführt,
> das nur oberflächlich wie die vertraute Wahl mit Zettel und Stift
> aussieht. Der Chaos Computer Club (CCC) weist nun mit der
> Demonstration eines Wahlstift-Trojaners auf die erheblichen
> Manipulationsrisiken dieses Verfahrens hin.
>
> Rein äußerlich soll der Wahlvorgang für die 1,2 Millionen Hamburger
> Wähler in den Wahllokalen gleich bleiben. Jeder Wähler geht in die
> Wahlkabine und kreuzt dort seine Stimmen auf dem Papier an. Dafür
> bekommt er einen Digitalen Wahlstift ausgehändigt. Der elektronische
> Stift zeichnet über ein für Menschen kaum sichtbares Muster auf dem
> Stimmzettel auf, wo auf dem Papier der Wähler seine Kreuze macht. Der
> Stift wird anschließend in eine Auslesestation gesteckt, um das
> digitale Kreuz vom Stift über ein Kabel auf einen Laptop zu
> übertragen. Im Laptop werden dann die Kreuze zu Stimmen umgerechnet.
> Am Wahlende wird aus den gespeicherten Kreuzen ein Ergebnis
> errechnet, welches dann über einen Drucker ausgegeben wird. Aus
> Gründen der Ausfallsicherheit werden alle Stimmen zusätzlich auf
> einem USB-Stick gespeichert.
>
> Laut dem neuen Hamburger Wahlgesetz sollen dabei ausschließlich die
> vom Wahlstift aufgezeichneten digitalen Kreuze als Ausdruck des
> Wählerwillens gelten, das Papier dient nur als wählerberuhigende
> Dekoration. Folgerichtig werden die Stimmen auf dem Papier auch nur
> in 17 der ca. 1300 Wahllokale zur Überprüfung nachgezählt. Stimmen,
> welche nicht mit dem Digitalen Wahlstift, sondern erkennbar mit einem
> herkömmlichen Kugelschreiber oder Füller abgegeben werden, gelten als
> ungültig und werden aussortiert. Bei einer Differenz zwischen der
> Stichprobenzählung und den digital ermittelten Stimmen zählen deshalb
> nicht, wie vom Wähler erwartet, die Stimmzettel, sondern die vom
> Computer ermittelten Ergebnisse. Bei der Briefwahl werden die Stimmen
> von zwei Wahlhelfern mit dem Digitalen Stift nachgemalt, um damit
> ebenfalls ein computergestütztes Ergebnis zu ermitteln.
>
> Mit dieser Konstruktion wird dem Wähler nur eine Papierwahl
> vorgegaukelt, de facto findet aber eine Computerwahl mit allen
> bekannten Risiken und ohne Nachprüfbarkeit für den Wähler statt. Der
> Hamburger Wahlstift reiht sich so nahtlos an die umstrittenen NEDAP-
> Wahlcomputer, die gerade in den Niederlanden wegen zahlreicher
> Sicherheitsprobleme und mangelnder Nachprüfkeit des Zustandekommens
> des Ergebnisses abgeschafft wurden. [1]
>
> Um die technische Sicherheit des Digitalen Wahlstift Systems (DWS) zu
> belegen, wurde ein Schutzprofil nach den sogenannten Common Criteria
> erstellt, einem Standard der eigentlich zur Standardisierung von
> Teilbereichen der IT-Sicherheit, nicht aber für Wahlsysteme
> entwickelt wurde. Die Verwendbarkeit von Common Criteria für die
> Beurteilung von Wahlsystemen gilt demzufolge unter Experten als
> äußerst zweifelhaft. Aufgrund dieses Schutzprofils soll nun eine
> Baumusterprüfung durch die Physikalisch-Technische Bundenanstalt
> (PTB) stattfinden. Gegenstand der Prüfung soll dabei die
> Auslesestation und der Wahlstift selbst, die Software auf dem Stift
> sowie die Auswertungs- und Zählsoftware auf dem Laptop sein. Die
> Prüfung umfasst jedoch nicht den Drucker, den Laptop, auf dem Windows
> XP als Betriebssystem laufen wird, und die zentrale
> Auswertungssoftware beim Statistikamt Nord. Die PTB hatte schon die
> Wahlcomputer der Firma NEDAP für Deutschland als sicher eingestuft,
> welche in den Niederlanden gerade aufgrund von Sicherheitsbedenken
> komplett aus dem Verkehr gezogen wurden.
>
> Eine Manipulation der Wahl durch Innentäter, also etwa durch
> Wahlhelfer, Administratoren der Behörde für Inneres oder Mitarbeiter
> der Herstellerfirmen wird im Schutzprofil per Definition
> ausgeschlossen. Der Sprecher des Chaos Computer Club, Dirk Engling
> sagte dazu: "Die Ignoranz gegenüber der Innentäter-Gefahr entlarvt
> das konzeptionell falsche Herangehen an computerisierte Wahlvorgänge.
> Es erinnert an einen Flugzeugbauer, der bei der Konstruktion mal eben
> die Erdanziehung vergisst und sich nachher wundert, dass das Flugzeug
> nicht abheben kann." Die von Hersteller und Hamburger Senat
> getroffene Annahme, dass es keine Innentäter geben wird, die eine
> Wahlfälschung versuchen würden, disqualifiziert die
> Sicherheitsannahmen für das System vollständig.
>
> Eine Veröffentlichung der Software des Digitalen Wahlstiftsystems und
> damit der zu Grunde liegenden Technik ist nicht vorgesehen, womit
> eine öffentliche Prüfung durch unabhängige Sicherheitsexperten
> unterbunden wird. Kritische Aussagen der Verfassungsexperten Dr.
> Stephanie Schiedermair und Prof. Dr. Ulrich Karpen werden ignoriert.
> Auch Warnungen von Sicherheitsexperten wie Prof. Dr. Klaus Brunnstein
> und dem CCC wurden als theoretisch oder populistisch abgetan. "Die
> Geheimniskrämerei erinnert fatal an das Vorgehen bei NEDAP-
> Wahlcomputern, offenbar unterschätzen die Hamburger
> Entscheidungsträger die Sicherheitsprobleme und haben aus dem
> Desaster im Nachbarland Niederlande nichts gelernt", sagte CCC-
> Sprecher Dirk Engling.
>
> Obwohl der Chaos Computer Club vom Hamburger Wahlleiter kein
> komplettes System für eine Analyse erhalten hat, konnten anhand der
> verfügbaren Informationen und durch Untersuchung der Basistechnologie
> des Wahlstifts, dem Anoto-Digitalstiftsystem, eine Reihe von
> schwerwiegenden prinzipiellen Mängeln identifiziert werden. Dabei
> wurde das grundlegende Problem computergestützter Wahlen - die
> mangelnde Überprüfbarkeit durch den Wähler - überdeutlich.
>
> Der CCC hat zur beispielhaften Illustration der vielfältigen
> Angriffsmöglichkeiten gegen den Wahlstift für die Hamburger
> Bürgerschaft einen trojanischen Wahlstift entwickelt, der äußerlich
> nicht als solcher erkennbar ist. Solch ein Stift kann sowohl von
> Wählern als auch von an der Wahlvorbereitung und -durchführung
> beteiligten Personen unbemerkt ins Wahllokal mitgebracht und statt
> dem echten Wahlstift in die Auslesestation gesteckt werden. Der
> manipulierte Stift überträgt dann nicht nur digitale  Stimmkreuze zum
> Auswertungscomputer, sondern agiert als ein sogenanntes Trojanisches
> Pferd zum Einschleusen von Schadsoftware. Sobald der Stift in die
> Auslesestation gesteckt wird, aktiviert sich ein
> Manipulationsprogramm, welches automatisch auf das Zielsystem
> übertragen und dort ohne Zutun des Bedieners ausgeführt wird. Das
> Programm kann nun problemlos Manipulationen auf dem Auswertungslaptop
> vornehmen, indem es z. B. die Position der digital gespeicherten
> Stimmkreuze verändert, das Endergebnis verfälscht, speichert und
> ausgibt.
>
> "Der trojanische Wahlstift ist nur einer von vielen verschiedenen
> Angriffen gegen das Wahlstift-System. Es geht hier nicht um das eine
> oder andere Sicherheitsloch, das noch irgendwie gestopft werden kann.
> Das prinzipielle Problem ist, dass der Wähler bewusst in die Irre
> geführt wird. Ihm wird eine Papierwahl vorgegaukelt, die in Wahrheit
> eine unsichere und intransparente Computerwahl ist", sagte CCC-
> Sprecher Dirk Engling.
>
> Vor dem Hintergrund der prinzpiellen und sicherheitstechnischen
> Probleme des Digitalen Wahlstifts, insbesondere der mangelnden
> Überprüfbarkeit durch den Wähler, fordert der Chaos Computer Club den
> Hamburger Gesetzgeber dazu auf, das Wahlstiftsystem aufzugeben.
> Selbst mit massiver Nacharbeit an den heute sichtbaren
> Sicherheitslücken ist das System prinzipbedingt nicht dazu geeignet,
> die Anforderungen an Wahlen in Deutschland zu erfüllen.
>
> [1] http://www.ccc.de/updates/2007/wahlcomputer-ausgemustert
>
> -- 
> Sebastian Andres Spandauer Damm 140 14050 Berlin, Germany
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